Wenn Form und Inhalt auf höchstem Niveau sich ergänzen und zu einem kurzweiligen und spannenden Vortrag verschmelzen, kann der Referent sich der Aufmerksamkeit des Publikums bis zur letzten Minute sicher sein. Als Experte auf beiden Gebieten zählt Matthias Garten, der kürzlich auf Einladung der Volksbank Odenwald vor über 120 Geschäftskunden über die Chancen der generativen Künstlichen Intelligenz (KI) für die mittelständische Wirtschaft gesprochen hat. An diesem Thema komme kein Unternehmer vorbei, der den Blick nach vorne richte, betonte der Bereichsleiter Firmenkunden, Fred Schweikert, in seiner Begrüßung im vollbesetzten Volksbank Atrium in Erbach.
Bereits der Übertitel in der Einladung, „Zukunft gestalten“, signalisierte die Botschaft des Referenten, die Chancen zu erkennen und durch aktives Herangehen aufzugreifen. Auch berechtigten, skeptischen Stimmen gegenüber gab er unmissverständlich mit auf den Weg. „KI geht nicht mehr weg“, verglich der Fachmann die zu Beginn der 2020er Jahre einer breiten Nutzergruppe zugänglich gemachte Technik mit den ersten Computern, die in den 1980ern auf den Markt kamen. Matthias Garten wird nicht ohne Grund auch als „Powerpoint-Papst“ bezeichnet. In seinem inspirierenden Vortrag unterbreitete der Wirtschaftsinformatiker aus dem südhessischen Griesheim vor, wie generative KI das Potenzial besitzt, Geschäftsmodelle grundlegend zu revolutionieren. Seine eigenen Erfahrungen bestätigten: Die größten Veränderungen durchlebte seine vor etwa 30 Jahren gegründete Präsentationsagentur Smavicon, als er 2021 sein erstes Bild mittels ChatGTP generiert hatte. Anhand etlicher Beispiele zeigte er auf, wie rasch sein Gestaltungsspielraum sich entwickelte und wie praktische, innovative Lösungen Antworten auf sehr unternehmerische Herausforderungen sein können. In etlichen Live-Demonstrationen nahm er nachvollziehbar seine Gäste mit auf die Reise durch unterschiedliche Programme, die gewünschte Texte, Bilder, Videos und 3D-Welten generieren können. Zum Vergleich: Als im November 2022 dem amerikanischen Unternehmen OpenAI mit der Version ChatGTP 3.5 der Durchbruch gelungen war, „gab es 400 KI-Tools auf dem Markt; heute sind es bereits 8.000“, skizzierte der Referent die noch junge Entwicklungsgeschichte von KI. Im Weiteren stellte er eine Auswahl fortschrittlicher KI-Tools vor, die Unternehmen für ihren Wettbewerbsvorteil nutzen können. „KI ist eine Businesstechnologie. Sie ist 40 Prozent produktiver und 100 Prozent kreativer als zuvor.“ Das Zauberwort, um sie in Bewegung zu setzen, laute „Prompten“, womit die präzise formulierte Aufgabenstellung, das Zuordnen einer Rolle sowie die Bereitstellung von Daten gemeint ist. Den dabei gewinnbringend auf den Weg gebrachten Fortschritt verglich der Referent mit dem Erlernen einer Fremdsprache. Folglich: „Man braucht Vokabeln, Grammatik und einige Übung. Einmal Prompten reicht nicht. “ Vom Businessplan bis zum Internetauftritt samt Firmenlogo lasse sich darüber in weniger als einem Tag ein neues Unternehmen auf die Beine stellen. Der Wettbewerbsvorteil liege klar auf der Hand: „Ein wichtiger Differenzierungsfaktor wird das firmenspezifische KI-Modell sein.“ Richtig angewendet, erziele KI auch hervorragende Ergebnisse bei der gezielten Suche und Auswerten von firmeninternen Texten (einschließlich Übersetzungen), Tabellen und Diagrammen.
Zur Bilderwelt: Hier sei Vorsicht geboten, denn bereits heute seien echte Bilder von sogenannten Deepfakes, also von offensichtlich gefälschten, nicht mehr zu unterscheiden. Andererseits sei die gewünschte Aufmerksamkeit und ein damit verbundener Geschäftserfolg nicht zu unterschätzen, was Matthias Garten mit wahren Hinguckern in Szene setzte: Hier der Löwe, der auf einem Friseurstuhl sitzt und dort Papst Franziskus, der auf dem Mond spazieren geht. Dann wieder ging der Referent, nicht zuletzt anhand von Publikumsfragen, auf die kritischen Momente ein. Nicht zu unterschätzen seien Sicherheitsmaßnahmen und die Einhaltung von Regeln, was besonders bei der Nutzung von kostenfreien Tools zu beachten sei. Sein Rat: Keine personenbezogenen Daten hochladen oder sich ungeniert an Bildern und Videos bedienen, was das Internet so hergebe. KI könne nicht die Verantwortung für Datenschutz, Datensicherung und das Einhalten von Urheberrechten abnehmen. Hilfreich seien zahlungspflichtige Tools, die Haftungsansprüche einbeziehen.
Zum Ende seines Vortrags ging der Referent auch auf ernst zu nehmende Befürchtungen ein, die Entwicklung werde ein Stadium erreichen, in dem KI zu selbstständigen Entscheidungen fähig sein werde und damit eine Bedrohung darstellen könnte. Ebenso wachsam sein müsse Politik und Gesellschaft, um sich vor kriminellen Energien zu schützen. Freie Gesellschaften werden sich auch damit ernsthaft beschäftigen müssen: Fachleute rechneten damit, dass die Entwicklung in den 2040er Jahren so weit sei, dass KI auch komplexe Aufgaben lösen könne, die generalisierte menschliche kognitive Fähigkeiten erforderten; also imstande sei, bewusste Entscheidungen zu treffen.